Die Geschichte

K-TIPP     NR.11   06. Juni 2001

 

Verlust: 2563 Franken – Entschädigung: 720 Franken

Fluggepäck  Geht der Koffer unterwegs verloren, kanns für Passagiere teuer werden

Packen Sie keine kostbaren Gegenstände in den Koffer, wenn Sie eine Flugreise planen: Airlines entschädigen Gepäckverlust knausrig – sie zahlen nicht nach Wert, sondern nach Gewicht.

Gery Schwager

gschwager@ktipp.ch

Da war die Welt noch in Ordnung: Als Carol Ann Garner und René Kvartic aus Eschenbach LU am 12. April in Zürich die Lufthansa-Maschine bestiegen, um via Frankfurt nach Manchester zu fliegen, freuten sie sich auf unbeschwerte Ostertage im Kreise von Garners Familie.

Doch mit der guten Laune wars ziemlich rasch vorbei. In Manchester warteten Garner und Kvartic am Gepäckband nämlich vergeblich auf ihren Koffer – das gute Stück war wahrscheinlich in Frankfurt auf unerklärliche Weise verloren gegangen.

Von Lufthansa erhielt das Paar kurz darauf die Auskunft, man habe den Koffer in Frankfurt entdeckt und werde ihn mit der nächsten Maschine nach Manchester schicken. Alles falsch. Der Koffer blieb verschollen, Garner und Kvartic mussten sich vor Ort die nötigsten Ersatz-Utensilien besorgen – vorab Toilettenartikel und Unterwäsche.

Nach ihrer Rückkehr meldeten sie den Verlust ihres Koffers erneut – diesmal am Flughafen Kloten. Gleichzeitig reichten sie ein Verlustformular ein, das den Gepäck-Inhalt detailliert beschrieb. Gesamtwert der verlorenen Ware: 2563 Franken. Lufthansa bezahlte ihnen für die Auslagen in Manchester 380 Franken aus.

Dann geschah einige Tage lang nichts. René Kvartic erkundigte sich deshalb telefonisch bei Lufthansa in Zürich nach dem Stand der Dinge. Dabei stellte sich heraus, dass die Airline das bereits eingereichte Verlustformular nicht mehr finden konnte. Garner und Kvartic füllten das Papier also ein zweites Mal aus.

Und wieder herrschte Schweigen. Ultimativ forderte René Kvartic sodann per Post von Lufthansa eine Stellungnahme – ohne Erfolg. «Ich habs daher wieder telefonisch versucht – und musste mich von einer Mitarbeiterin mit der Bemerkung abkanzeln lassen, sie lasse sich nicht vorschreiben, was sie zu tun habe», erinnert er sich.

Ganz umsonst war Kvartics Hartnäckigkeit indes nicht: Am 4. Mai kündigte Lufthansa endlich eine Entschädigung an. Doch als sie deren «Höhe» erfuhren, verschlug es Carol Ann Garner und René Kvartic glatt die Sprache. Ganze 720 Franken war Lufthansa bereit zu berappen – und davon zog die Airline erst noch die für Not-Auslagen schon ausbezahlten 380 Franken ab.

Garner und Kvartic erhielten somit noch 340 Franken auf ihr Konto überwiesen. «Für die Restforderung empfehlen wir Ihnen, sich mit Ihrer privaten Versicherung in Verbindung zu setzen, um eine Übernahme abzuklären», riet Lufthansa noch (zum Thema Reisgepäck-Versicherung: siehe Kasten).

«Wir finden es eine Frechheit, dass Lufthansa uns so abserviert», macht René Kvartic seinem Ärger Luft. Und dass die Fluggesellschaft von den 720 Franken auch noch das Geld für die Not-Einkäufe in Manchester abzieht, ist für Kvartic erst recht nicht nachvollziehbar. Seine Partnerin und er hätten ja möglichst günstige Artikel gekauft, die nie und nimmer einen vollwertigen Ersatz für die verlorenen Stücke darstellten. «Wie sollen wir jetzt mit 340 Franken unseren Verlust von über 2500 Franken ersetzen?»

Die Enttäuschung von Garner und Kvartic ist verständlich. Dabei zahlt Lufthansa nicht einmal schlechter als die meisten anderen Airlines. Der Grund für die bescheidenen Entschädigungen liegt im sogenannten Warschauer Abkommen, das die Haftung der Fluggesellschaften für aufgegebenes Gepäck im internationalen Luftverkehr stark beschränkt.

Voll ersatzpflichtig für Schäden oder Verlust an eingechecktem Gepäck ist die Airline nur, falls sie den Schaden nachweisbar absichtlich verursacht hat oder wenn sie zumindest ein schweres Verschulden trifft. Andernfalls bemisst sich die Entschädigung nach dem Gewicht des Gepäcks; zur Zeit müssen die Airlines 36 Franken pro Kilo vergüten. Die Swissair zahlt nach eigenen Angaben heute 38 Franken; noch vor zwei Jahren hatte sie freiwillig 67 Franken pro Kilo geboten.

Gleich wie Lufthansa zieht aber auch die Swissair bei Gepäckverlust einen allenfalls für Not-Einkäufe bereits ausbezahlten Betrag von der Entschädigung ab. Kvartic und Garner hätten also nicht viel mehr erhalten, wenn ihr Koffer auf einem Swissair-Flug verloren gegangen wäre.

Haben sie also einfach Pech gehabt, dass im internationalen Luftverkehr keine kundenfreundlicheren Haftungsregeln gelten? «Wir bedauern: Ja», so Lufthansa General Manager Willy Schnyder lakonisch – aber wenigstens ehrlich.